Der Judo-Sport zwischen Tokyo und M-V.
Zum 14. Mal seit 1964 – Ausnahme 1968 Mexico-City – standen olympische Judo-Wettkämpfe im olympischen Programm. Was in Tokyo 1964 begann, fand an gleicher Stelle 2021 einen vorläufigen Höhepunkt: Fast 400 weibliche und männliche Judoka (genau 393) aus 128 Ländern bewiesen, dass die Sportart Judo wahrlich eine globale ist und die Weltspitze in nahezu allen Gewichtsklassen eng zusammenrückte.
Japan so erfolgreich wie nie
Gastgeber Japan, das Judo-Mutterland, war dabei so erfolgreich wie noch nie: Neunmal erklang die Hymne Nippons zwischen dem 24. Juli 2021 und 31. Juli 2021 im legendären Nippon Budokan. Dazu holten die japanischen Athletinnen und Athleten noch zweimal Silber und einmal Bronze – und das in 15 Entscheidungen (14 Einzel / einmal Mixed-Team). Lediglich im Mittelgewicht bzw. Schwergewicht der Männer und im Halbmittelgewicht der Frauen ging Japan leer aus.
Zwei Medaillen für Judo-Legende Riner
Für besondere Momente sorgte indes eine Judo-Legende aus Frankreich. Teddy Riner, der zehnfache Weltmeister und fünffache Europameister holte in Tokyo 2021 seine Olympia-Medaillen Nr. 4 und 5: Bronze im Einzel (Schwergewicht) und Gold mit dem Mixed-Team – nach den Olympiasiegen 2012 bzw. 2016 bzw. Bronze 2008.
Drei Medaillen für deutsches Judo-Team
Für Schwarz-Rot-Gold erfüllten sich in Tokyo 2021 indes zwar nicht alle olympischen Medaillenträume, aber mit Silber durch Eduard Trippel (Mittelgewicht), Bronze für Anna-Maria Wagner (Halbschwergewicht) und Bronze für das Mixed-Team konnten die Erwartungen erfüllt werden.
Denn: Blickt man auf die letzten drei Spiele in Peking 2008, London 2012 und Rio 2016, so war das Medaillen-Maximum vier – in London 2012 (je zweimal Silber und Bronze). In Peking 2008 gab es nur einmal Edelmetall, allerdings Gold durch Ole Bischof im Halbmittelgewicht und 2016 rettete Laura Vargas Koch mit einmal Bronze (Mittelgewicht) die Ehre der deutschen Judoka.
Wie bewertet nun Ralf Wilke, Leiter der Geschäftsstelle des Judoverbandes M-V, das olympische Judo-Turnier 2021?!
Ralf Wilke über das Judo-Turnier in Tokyo, die Bilanz für die deutsche Mannschaft und kommende Herausforderungen in M-V
„Mit einer Portion Glück wäre noch mehr möglich gewesen!“
Frage: Das olympische Judo-Turnier 2021 ist Geschichte – ein Turnier unter Pandemie-Bedingungen. Wie lautet Ihr Resümee aus deutscher und internationaler Sicht?
Ralf Wilke: Zwei Einzelmedaillen sind bei der Leistungsdichte in der Weltspitze kein schlechtes Ergebnis. Sicher, wäre mit einer Portion Glück noch etwas mehr drin gewesen. Immerhin war für Giovanna Scoccimarro bis 70 Kilogramm und Dominik Ressel bis 81 Kilogramm Bronze greifbar nahe – und was in Theresa Stoll steckt, haben wir am letzten Wettkampftag gesehen…
Weiterhin spricht der Gewinn der Bronzemedaille für das deutsche Mixed-Team, das einen großartigen Wettkampf abgeliefert hat, ebenfalls für sich. Das Team bildete eine Einheit, die Einzelkämpfer wuchsen über sich hinaus und verbuchten Sieg um Sieg. Ein überaus gelungener Abschluss des deutschen Teams. Denn: Mehr konnte man angesichts der Konkurrenz nicht erwarten.
…Dass Japan das Finale nicht für sich entscheiden konnte und Frankreich den Vortritt lassen musste, dürfte eine faustdicke Überraschung gewesen sein.
Frage: Wer überzeugte Sie in der deutschen Mannschaft insbesondere?
Ralf Wilke: Im Einzelwettkampf war es Eduard Trippel. Nicht nur wegen der Silbermedaille, sein Kampfverhalten sorgt für Spannung pur, man weiß nie was kommt und die Angriffstechniken werden oft spektakulär vollendet. Da wird Judo zum Erlebnis.
Auch Theresa Stoll überzeugte mich – im Mixed-Team ohne Fehl und Tadel. Da hat sie gezeigt, aus welchem Holz sie geschnitzt ist. Schade nur, dass sie beim Einzelwettkampf nicht den besten Tag erwischte.
Frage: 26 Nationen erkämpften Judo-Medaillen, aber nur fünf Länder Olympiagold, darunter das Kosovo mit gleich zwei Goldenen. Ein paar Worte zum internationalen Kräfteverhältnis nach Tokyo 2021…
Ralf Wilke: Die Judo-Nation ist nach wie vor Japan, daran ändert auch der Mixed-Team-Erfolg der Franzosen im Nippon Budokan nichts. Wenn man Frankreich auf Platz zwei setzen würde, dann dürfte das in Ordnung gehen. Würde man aber folgende Plätze benennen, dann wird es sehr eng.
Frage: Erhoffen Sie sich einen Push für den Judosport in M-V nach Olympia in Tokyo – dank der Medaillen-Erfolge von Eduard Trippel und Anna-Maria Wagner, die 2021 zudem Weltmeisterin wurde?
Ralf Wilke: Leider nein. Dazu ist der Judosport nicht präsent genug. Zudem sorgen die olympischen Erfolge in den vielen anderen Sportarten ebenso für Aufmerksamkeit. Wir werden, wie in den vergangenen Jahren, mit eigenen Aktionen um Nachwuchs werben. Sicher werden wir da auch auf unsere Elite hinweisen.
Letzte Frage: Welche wichtigen Turniere stehen demnächst in M-V auf dem Kalender?
Ralf Wilke: Den ersten Wettkampf, die Kinder- und Jugendsportspiele Mecklenburgische-Seenplatte, werden wir am 7.August 2021 in Malchin bestreiten. Es folgt das Skoda-Anfänger-Turnier am 28. August 2021 des KSV Grimmen, bevor am 4./5. September 2021 die Landeseinzelmeisterschaften der Altersklassen U 15, 18 und 21 in Greifswald ausgetragen werden.
Vielen Dank und weiterhin maximale Erfolge!
Das Interview führte Marko Michels.